FAQ (NRW)

Häufige Fragen zum Sozialindex für Schulen in Nordrhein-Westfalen

1. Auf welcher Datengrundlage basiert der Sozialindex?

Der Sozialindex für Schulen wird aus insgesamt drei Indikatoren, welche auf Schulebene erhoben werden, und einem Sozialraumindikator berechnet:

  • Anteil der Schülerinnen und Schüler mit vorwiegend nichtdeutscher Familiensprache
  • Anteil der Schülerinnen und Schüler mit eigenem Zuzug aus dem Ausland
  • Anteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung (LSE)
  • Kinder- und Jugendarmut (Sozialraumindikator)

Die drei ersten Indikatoren stammen aus der Schulstatistik. Bei der Einführung des Schulsozialindex wurden die Schuldaten aus dem Schuljahr 2018/19 zugrunde gelegt und bei der Aktualisierung im Schuljahr die aus dem dem Schuljahr 2022/23. Der Indikator für Kinder- und Jugendarmut ist ein Sozialraumindikator und basiert auf Daten der Bundesagentur für Arbeit. Er ist ein Maß für die Höhe der SGB II Quote der Minderjährigen im geschätzten Einzugsgebiet der Grundschulen. Als Stichtag wird der 31.12.2018 verwendet.

Der Index ist ein Aggregatmerkmal: Er gibt nicht die individuellen Schülerleistungen und Schülermerkmale wieder, sondern erfasst ausschließlich die (sozioökonomische) Zusammensetzung der Gesamtheit der Schülerinnen und Schüler an den Schulen.

2. Warum diese Indikatoren und nicht andere?

Ziel des Index ist die Erfassung der sozialen und leistungsbedingten Zusammensetzung einer Schule. Die Auswahl der Indikatoren zur Beschreibung der Schulsituation orientiert sich inhaltlich an den Ergebnissen der Schulforschung. Die Ergebnisse der PISA-Studien zeigen, dass die „zuwanderungsbezogene und soziale Herkunft“ eine zentrale Dimension im Hinblick auf Leistungsdisparitäten ist. Die Indikatoren müssen zudem für alle Schulen regelmäßig verfügbar und die Qualität der zugrunde liegenden Daten hinsichtlich Objektivität und Reliabilität sichergestellt sein. Die für den Sozialindex verwendeten Indikatoren stammen aus der amtlichen Schulstatistik sowie der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) und erfüllen diese Anforderungen. Die zur Verfügung stehenden Indikatoren können den sozialen Status und zuwanderungsbezogene Aspekte abbilden. Im Rahmen der Konstruktion des Sozialindex wurde zudem geprüft und gezeigt, dass die ausgewählten Indikatoren auch unterschiedliche Lernausgangslagen beschreiben und in Bezug auf die Lernstandserhebungen VERA 3 und 8 einen großen Teil der Varianz der Leistungsunterschiede aufklären können.

Neben den genannten Indikatoren wurde ein weiterer Indikator mit einbezogen. Durch diesen wird berücksichtigt, dass Schulen in sozial benachteiligten Quartieren zum Teil zusätzlich umfangreiche Inklusionsaufgaben leisten müssen.

Im Rahmen der geplanten Aktualisierungen des Index wird geprüft, inwieweit weitere Kriterien für die Verwendung des Sozialindex in Frage kommen. 

3. Wie wird der Sozialindex berechnet?

Zur Berechnung von Indizes sind grundsätzlich verschiedene Verfahren möglich. Häufig werden einfach die Werte der Indikatoren aufaddiert. Da die ausgewählten Indikatoren jedoch stark miteinander korrelieren, verwenden wir für die Indexbildung nicht dieses Verfahren, sondern nutzen eine konfirmatorische Faktorenanalyse. Dies ist ein anerkanntes methodisches Verfahren, welches bereits bei der Konstruktion der Standorttypen in NRW zum Einsatz kam und ebenfalls bei der Konstruktion anderer Sozialindizes, wie z.B. dem Hamburger Sozialindex, verwendet wird.

Abbildung 1: Schema der Sozialindexkonstruktion

Eine detaillierte Beschreibung der Konstruktion des Index findet sich hier:

Schräpler und Jeworutzki (2021): Konstruktion des Sozialindex für Schulen in Nordrhein-Westfalen. Zefir-Materialien Band 14.

4. Mit welchem Gewicht gehen die Indikatoren in die Berechnung ein?

Der Index ergibt sich in einer konfirmatorischen Faktorenanalyse nicht aus einer gewichteten Summe der Einzelindikatoren, sodass sich für die Indikatoren auch keine Gewichte angeben lassen. Stattdessen werden im Rahmen des methodischen Verfahrens sogenannte „Faktorladungen“ ermittelt, die den Zusammenhang zwischen Einzelindikator und Index charakterisieren. Je höher diese Faktorladung ist, desto höher ist auch der Zusammenhang des Einzelindikators mit dem Index. Das Merkmal „Anteil Schülerinnen und Schüler mit nichtdeutscher Familiensprache“ korreliert sehr stark mit dem Indikator „Jugend- und Kinderarmut“. Zusammen mit dem Indikator „Anteil Schülerinnen und Schüler mit eigenem Zuzug aus dem Ausland“ bilden sie auf Schulebene die sozioökonomischen Rahmenbedingungen ab und werden durch den Index zusammenfassend wiedergegeben.

Der Indikator „Anteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung (LSE)“ geht in die Berechnung nur dann stärker ein, wenn die jeweiligen Schulen auch einen höheren Anteil an Kinder- und Jugendarmut aufweisen. Damit soll eine besondere Doppelbelastung der Schulen berücksichtigt und abgebildet werden.

5. Wie unterscheiden sich die Sozialindexwerte für die Schulen der Primar- und Sekundarstufe?

Die beiden Schulindizes basieren auf unterschiedlichen Schulgesamtheiten. Dieser Umstand ist bedeutsam, da die Indexwerte in Relation zu den anderen Schulen zu interpretieren sind. Der Sozialindex für die Primarstufe bezieht sich nur auf die Grundschulen (und PRIMUS-Schulen) und deren Schülerzusammensetzung: Eine Grundschule in der Sozialindexstufe 9 weist im Vergleich zu den anderen Grundschulen einen besonders hohen Förderbedarf auf. Der Sozialindex für die Schulen der Sekundarstufe bezieht sich hingegen auf Hauptschulen, Realschulen, Sekundarschulen, Gesamtschulen und Gymnasien und ermöglicht die Einschätzung des Förderbedarfs im Vergleich zu den anderen weiterführenden Schulen.
Dieser Sachverhalt gilt auch für die bislang verwendeten Standorttypen, die aus diesem Grund auch unterschiedliche Beschreibungen erhalten haben.

6. Was sind die Unterschiede zwischen den Sozialindexstufen und den Standorttypen?

Der Sozialindex und die für die Auswertung von VERA 3 und 8 genutzten Standorttypen weisen ähnliche Konstruktionsprinzipien auf. Ein einfacher Vergleich von Standorttyp und Sozialindexstufe ist dennoch aus mehreren Gründen nicht sinnvoll:
  • Aktualität: Die Standorttypen wurden auf Grundlage der Schuldaten für das Schuljahr 2015/2016 und Sozialdaten für den Stichtag 31.12.2014 bestimmt. Für den Sozialindex wurden Schuldaten für das Jahr 2018/19 bzw. für die Aktualisierung 2022/23 und Sozialdaten zum Stichtag 31.12.2018 verwendet.
  • Verwendete Indikatoren: Beide Indizes verwenden den Anteil von minderjährigen Personen im Schulumfeld, die Leistungen nach dem SGB II beziehen. Dieser wird über geostatistische Verfahren normiert und den Grundschulen zugewiesen.
    Bei den Indikatoren aus der Schulstatistik unterscheiden sie sich jedoch: Während beim Standorttyp lediglich der Anteil von Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund berücksichtigt wurde, werden beim Sozialindex der Anteil von Schülerinnen und Schüler, die aus dem Ausland zugezogen sind, der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit vorwiegend nichtdeutscher Familiensprache und der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf in Lesen, Schreiben sowie emotionale und soziale Entwicklung (LSE) berücksichtigt.
  • Bildung von Stufen: Zur Bildung von Kategorien werden beim Sozialindex und bei den Standorttypen unterschiedliche Verfahren verwendet (siehe nachfolgende Frage).

7. Wie werden die Sozialindexstufen gebildet?

Das Verfahren zur Berechnung des Sozialindex führt zu einem kontinuierlichen Indexwert für jede einzelne Schule. Bei der Einführung des Schulsozialindex wurde die Skala der Indexwerte (0 bis 100) in 9 Stufen mit jeweils gleichen Abständen unterteilt.

Seit dem Schuljahr 2023/2024 wird eine sog. “Hybrid-Skalierung” vorgenommen. Dazu werden die 5 Prozent der Schulen mit den höchsten Indexwerten direkt der Stufe 9 zugeordnet. Die restlichen Schulen werden wie bisher auf die Stufen 1 bis 8 aufgeteilt, dass die Breite der Klassen (d.h. der Bereich der Indexwerte) gleich groß ist. Dies führt dazu, dass die Stufenzuordnung bei der Einführung des Sozialindex und nach der Aktualisierung nicht ohne weiteres vergleichbar ist.

Anhand der Sozialindexstufe lassen sich die Förderbedarfe der Schulen differenzieren: Je höher die Sozialindexstufe, desto höher ist der Förderbedarf.

Die Anzahl der Schulen pro Sozialindexstufe unterscheidet sich zum Teil deutlich. Dies ist ein wichtiger Unterschied zu den Standorttypen, um einen fairen Vergleich bei VERA 3 und 8 vornehmen zu können: Bei den Standorttypen werden die Schulen auf die Kategorien 1 bis 5 aufgeteilt, wobei alle Standorttypen ungefähr gleich viele Schulen umfassen. Dieses Vorgehen ist für den Vergleich der VERA-Ergebnisse sinnvoll, da somit die Vergleichsgruppen für alle Standorttypen ausreichend groß sind. Diese relativ großen Kategorien verbergen jedoch die Unterschiede zwischen den Schulen der jeweiligen Standorttypen. So ist die Standardabweichung für die Standorttyp-5-Grundschulen fast doppelt so groß wie innerhalb der restlichen Standorttypen.
Aus diesem Grund wurde beim Sozialindex ein anderes Verfahren zur Stufenbildung gewählt.

8. Können die Indexwerte der weiterführenden Schulen aus dem Sozialindexwerten der Herkunftsgrundschulen abgeleitet werden?

Nein, die Sozialindizes für die Primarstufe als auch Sekundarstufe werden – wie bereits bei den Standorttypen – getrennt berechnet.
Die Berechnung erfolgt auf Basis der gemeldeten Schuldaten jeder einzelnen Schule. Die Berechnungsbasis bezieht sich daher auf die konkreten, vorliegenden und gemeldeten Daten über die Schülerzusammensetzung der weiterführenden Schule.

Lediglich der Sozialindikator, der den Anteil der armen Kinder an den Schulen beschreibt, wird für die Schulen der Sekundarstufe aus den Herkunftsschulen abgeleitet. Dazu wird ein gewichteter Durchschnittswert bestimmt. Die Übergänge von den Grundschulen auf die weiterführenden Schulen bilden dabei die Gewichtungsfaktoren. Um jährliche Schwankungen auszugleichen, werden die Übergänge aus bis zu fünf Schuljahren analysiert, statt nur einen Jahrgang zu betrachten.

9. Warum unterscheiden sich die Sozialindexstufen einer weiterführenden Schule teilweise von den Grundschulen in der Umgebung?

Wie im vorherigen Absatz erläutert wurde, werden die Indexwerte für Grund- und weiterführende Schulen getrennt berechnet. Lediglich der Sozialindikator, der den Anteil der armen Kinder an den Schulen beschreibt, wird für die Schulen der Sekundarstufe aus den Herkunftsschulen abgeleitet (siehe Frage 8).

Da der Übergang in die Sekundarstufe II mit einer gewissen Selektivität verbunden ist, können sich die für den Sozialindex relevanten Schüleranteile (siehe Frage 1) einer weiterführenden Schule von denen der umliegenden Grundschulen unterscheiden. Zudem stammen die Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schule nicht immer nur aus dem direkten Umfeld, sondern auch aus entfernteren Ortsteilen: Dies gilt insbesondere für Gesamtschulen und Gymnasien.

10. Warum haben benachbarte Grundschulen zum Teil einen unterschiedlichen Sozialindex?

Auch bei benachbarten Grundschulen können sich die Schülerinnen und Schüler deutlich zwischen den Schulen unterscheiden. Für die Festlegung des Sozialindexwerts ist nicht nur das räumliche Umfeld der Grundschule von Bedeutung, sondern auch die Werte der drei anderen Indikatoren (siehe Frage 1), die auch bei benachbarten Schulen deutlich voneinander verschieden sein können.

Stand: 03. Juni 2024