Widerstand gegen den NS und seine intergenerationale Tradierung in österreichischen Familien
Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus ist nicht Teil des nationalen österreichischen Gedächtnisses. Dies ist nicht zuletzt eine Konsequenz des sog. Opferdiskurses, der sich nach 1945 etablierte, sich erst ab den 1980er Jahren transformierte und nicht zuletzt für die Tabuisierung des Sprechens über die Täterschaft österreichischer Nationalsozialist/inn/en sorgte. Die solcherart legitimierte Verantwortungsabwehr ging einher mit der Tabuisierung bzw. Marginalisierung von Widerstand. Dies war der Ausgangspunkt meines in den letzten Jahren durchgeführten Projekts in methodenpluraler Mehrgenerationenforschung, in dem ich danach fragte, in welcher Weise sich das widerständige Handeln gegen den Nationalsozialismus im Kontext des nationalen Gedächtnisses auf die Biographien der Nachkommen auswirkt und welche intergenerationalen Erinnerungsstrukturen ausgebildet werden. Da diejenigen, die widerständig gehandelt haben und das eigene Erleben verbal vermitteln konnten, zu einem sehr großen Teil nicht mehr als Gesprächspartner/innen zur Verfügung stehen, wurden in die Frage nach intergenerationalen Erinnerungsprozessen auch Fotografien einbezogen. Fotografien präsentieren bildhaft familiale historische Hinterlassenschaften. Das Projekt fragte nach der Art und Weise, wie die Vergangenheit in Fotografien erinnert wird und welche Bedeutung den Fotografien in der Vermittlung der Familiengeschichte an nachfolgende Generationen zukommt. Die methodologische und methodische Verknüpfung des Ansatzes der biographischen Fallrekonstruktion, der Analyse inter- und intragenerationaler Dialoge mit jenem der Bildanalyse auf Ebene der Daten und Interpretation stand im Mittelpunkt des Projekts. Die Ergebnisse stellen den Ausgangspunkt des meines Habilitationsprojekts dar (siehe „Intergenerationale Weitergabe von NS-Widerstand: Verbale und visuelle Praktiken“).